B2B Saas

Cold Calling für SaaS: Der Leitfaden für Gründer, die das Telefon hassen (DACH-Fokus)

Allein das Wort "Kaltakquise" löst bei den meisten Gründern Stress aus. Das Bild eines aufdringlichen Call-Center-Agenten, der ein auswendig gelerntes Skript herunterrattert, ist tief in unseren Köpfen verankert. Dazu kommen die Angst vor direkter Ablehnung und das unangenehme Gefühl, jemanden bei der Arbeit zu stören. Aber was, wenn wir den Cold Call komplett neu denken? Was, wenn es nicht darum geht, in einem Anruf etwas zu verkaufen, sondern darum, in 30 Sekunden herauszufinden, ob ein 30-minütiges Gespräch überhaupt für beide Seiten sinnvoll ist? Dieser Leitfaden gibt dir einen modernen, respektvollen Ansatz für die Telefonakquise an die Hand, der speziell für die Geschäftskultur im DACH-Raum entwickelt wurde. Wir nehmen dir die Angst und geben dir stattdessen eine Struktur und das richtige Mindset, um das Telefon zu einem deiner stärksten Werkzeuge im frühen Vertrieb zu machen.
Einzelne weiße Schachfigur König auf dunklem Hintergrund, von oben beleuchtet.
Vu Minh Tran
Geschäftsführer Tran Consulting
Wenn folgendes zutrifft..
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Kaltakquise in DACH vs. USA: Warum du US-Skripte nicht kopieren darfst

Wenn du nach Inspiration für Cold Calls suchst, wirst du schnell auf amerikanische Sales-Gurus stoßen. Deren energiegeladene, direkte und oft aggressive Art mag in den USA funktionieren. Im DACH-Raum führt sie jedoch fast immer zum sofortigen Auflegen. Die Gründe dafür sind tief in Kultur und Recht verankert.

Die rechtlichen Unterschiede (UWG vs. "Anything Goes")

In Deutschland regelt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) die Telefonakquise. Im B2B-Kontext ist ein Anruf oft auf Basis einer "mutmaßlichen Einwilligung" zulässig. Das bedeutet, du musst einen sachlichen Grund haben anzunehmen, dass dein Angebot für das angerufene Unternehmen von Interesse ist. In den USA sind die Regeln deutlich lockerer, was einen aggressiveren, zahlengetriebenen Ansatz ermöglicht.

Die kulturellen Unterschiede (Beziehung vs. Transaktion)

Der größte Unterschied liegt im Ziel des ersten Gesprächs.

Die sprachlichen Unterschiede (Zurückhaltung vs. Superlative)

Hüte dich davor, amerikanische Superlative wie "No Brainer", "Game-Changer" oder "Risikofrei mit Garantie" zu verwenden. Solche Begriffe wirken in unserem deutschsprachigen Geschäftsleben schnell übertrieben und unseriös.
Bleibe bei einer klaren, faktenbasierten und nutzenorientierten Sprache.

Die besondere Herausforderung im SaaS-Call: Das Unsichtbare verkaufen

Im Gegensatz zum Verkauf eines physischen Produkts verkaufst du im SaaS-Bereich etwas Immaterielles: eine bessere Zukunft, einen effizienteren Prozess, eine neue Arbeitsweise. Dein Ansprechpartner kann dein Produkt nicht anfassen. Dein Ziel im Cold Call ist es daher nicht, Features zu erklären, sondern ein so klares Bild von der Problemlösung zu malen, dass dein Gegenüber neugierig wird, es in einer Demo sehen zu wollen.

Die 5-Phasen-Struktur für einen erfolgreichen Cold Call

Ein guter Cold Call ist kein improvisiertes Gespräch, sondern folgt einer klaren Struktur. Dieses 5-Phasen-Framework gibt dir die Sicherheit, professionell und zielgerichtet durch den Anruf zu navigieren.

Phase 1: Die Erlaubnis einholen (Die ersten 10 Sekunden)

Dein allererstes Ziel ist es, Respekt zu signalisieren. Beginne niemals mit einem Pitch. Beginne damit, um Erlaubnis zu fragen. Man nennt das den "Permission-Based Opener". Dieser ist universell.
  • Skript: "Guten Tag Herr Dr. Schmidt, mein Name ist Markus von Tran Consulting. Ich weiß, ich rufe unangekündigt an, störe ich Sie gerade sehr ungelegen?"
  • Diese Frage entwaffnet und gibt dem Angerufenen die Kontrolle. In 5 von 10 Fällen bekommst du ein "Worum geht es denn?" anstatt eines direkten "Nein".
Disclaimer: Es gibt sehr viele verschiedene Opener. Der beste Opener hängt von deiner Zielgruppe ab. Überlege dir bevor du anrufst, schon einmal, was du machst, wenn du auf eine Vorzimmerdame (VD) triffst.

Phase 2: Den Kontext herstellen (Warum gerade Sie?)

Zeige sofort, dass dies kein willkürlicher Anruf ist. Stelle eine direkte Verbindung zur Rolle oder zum Unternehmen deines Ansprechpartners her.
  • Skript (Beispiel Tech-Stack): "Der Grund meines Anrufs: Ich habe auf Ihrer Karriereseite gesehen, dass Sie HubSpot einsetzen. Wir haben uns darauf spezialisiert, HubSpot-Nutzern zu helfen, ihre Lead-Qualifizierung zu automatisieren, und ich hatte dazu eine kurze Frage."
  • Skript (Beispiel Rolle): "Der Grund meines Anrufs: Ich habe gesehen, dass Sie bei [Firma] seit kurzem die Position des Head of Sales innehaben. Oft ist in den ersten 100 Tagen die Optimierung des Sales-Prozesses eine hohe Priorität..."

Phase 3: Der Pitch (Deine Value Proposition in 15 Sekunden)

Das Ziel vor dem Pitch ist es, soviel persönlichen Rapport aufzubauen, bis die Person kurz davor ist, ungeduldig zu werden. Jetzt formulierst du deine Kernaussage. Am besten funktioniert das als kurze, prägnante Frage, die auf ein bekanntes Problem abzielt und Neugier weckt.
  • Skript: "Wir entwickeln gerade eine Lösung, die den manuellen Onboarding-Prozess für neue Vertriebspartner automatisiert. Mich würde interessieren: Wie stellen Sie aktuell sicher, dass neue Partner in den ersten 30 Tagen erfolgreich starten?"

Phase 4: Zur Konversation übergehen (Fragen stellen)

Wenn du eine Antwort erhältst, hast du den schwierigsten Teil geschafft. Jetzt geht es nicht mehr darum zu reden, sondern zuzuhören. Stelle offene Fragen, um den Bedarf zu qualifizieren.
  • Beispiele: "Welche Tools nutzen Sie dafür aktuell?", "Was ist dabei die größte Herausforderung?", "Wie würde der ideale Prozess für Sie aussehen?"

Phase 5: Den nächsten Schritt definieren (Das Ziel des Anrufs)

Das Ziel eines Cold Calls ist fast nie der sofortige Verkauf, sondern immer der nächste, geplante Termin. Wenn du merkst, dass ein relevanter Schmerzpunkt vorhanden ist, formuliere einen klaren Vorschlag.
  • Skript: "Basierend auf dem, was Sie sagen, scheint unser Ansatz für Sie relevant zu sein. Damit Sie sich das visuell vorstellen können, schlage ich eine 20-minütige, unverbindliche Demo vor, in der ich Ihnen zeige, wie genau wir das Reporting-Problem für [ähnlicher Kunde] gelöst haben. Hätten Sie nächsten Dienstagvormittag oder Donnerstagnachmittag kurz Zeit?"
Violetter Farbverlauf mit dem Buchstaben „Ü“ am unteren Rand.

Umgang mit Einwänden: Die häufigsten Hürden im B2B-SaaS

Klassiker: Einwände sind keine Ablehnung, sondern oft nur ein Test oder eine reflexartige Reaktion. Mit der richtigen Vorbereitung kannst du souverän darauf reagieren.
Faustformel: Du willst dein gegenüber loopen, damit er sich in das Gespräch stärker involviert und damit von sich aus Commitment entwickelt.

Einwand 1: "Keine Zeit."

Zeige Verständnis und sei respektvoll.
  1. Antwort: "Verstehe ich vollkommen, Herr Schmidt. Wann wäre denn erfahrungsgemäß ein besserer Zeitpunkt für ein 2-Minuten-Gespräch?"

Einwand 2: "Schicken Sie mir eine E-Mail."

Nutze das, um das Gespräch am Laufen zu halten und Informationen zu sammeln. Du beginnst zu loopen, um wieder in das Gespräch zu kommen.
  1. Antwort: "Sehr gerne. Damit ich Ihnen auch nur das schicke, was für Sie wirklich relevant ist: Welcher Aspekt wäre Ihnen dabei am wichtigsten? Die Automatisierung des Onboardings oder die Messbarkeit des Partner-Erfolgs?

Einwand 3: "Wir sind zufrieden mit unserer aktuellen Lösung."

Stelle die aktuelle Lösung nicht in Frage, sondern eröffne eine neue Perspektive.
  1. Antwort: "Das ist super zu hören. Viele unserer besten Kunden waren das auch, bevor sie gesehen haben, wie sie mit unserem Ansatz zusätzlich die Aktivierungsrate ihrer Partner um 30% steigern können. Dürfte ich Ihnen dazu eine letzte, kurze Frage stellen?"

Einwand 4: "Wir haben kein Budget"

Reframe das Gespräch von Kosten zu Investition und ROI.
  1. Antwort: "Verstehe. Die meisten unserer Kunden sehen die Kosten für unser Tool nicht als Ausgabe, sondern als Investition, die sich durch [klares Ergebnis, z.B. 'Zeitersparnis von 10 Stunden pro Woche'] im Schnitt nach 3 Monaten amortisiert. Wäre es für Sie interessant, wenn ich Ihnen in 15 Minuten zeige, wie dieser Business Case für Sie aussehen könnte?"

Zusammenfassung & Nächster Schritt

Erfolgreiche Kaltakquise im DACH-Raum ist kein Angriff, sondern ein professioneller, gut recherchierter Gesprächsaufbau. Vorbereitung, Relevanz und Respekt sind die Schlüssel. Das Telefon ist der direkteste Weg, um ungefiltertes Marktfeedback zu erhalten und wertvolle Beziehungen aufzubauen.
Cold Calling ist ein mächtiger, direkter Kanal. Lerne hier auch die anderen Cold Outreach Kanäle kennen.
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FAQ

Häufig gestellte Fragen zu SaaS Cold Calling

Ist Kaltakquise per Telefon im B2B in Deutschland legal?

Ja, im B2B-Kontext ist sie auf Basis einer "mutmaßlichen Einwilligung" in der Regel zulässig, solange dein Angebot einen klaren und sachlichen Bezug zur Geschäftstätigkeit des angerufenen Unternehmens hat. Das rechtliche Risiko ist deutlich geringer als bei Kalt-E-Mails.

Was ist die beste Tageszeit für Cold Calls im DACH-Raum?

Die gängige Meinung ist, dass der späte Vormittag (10-12 Uhr) und der Nachmittag (14-16 Uhr) die besten Zeitfenster sind. Vermeide den Montagmorgen und den Freitagnachmittag. Am Ende gilt jedoch: Die beste Zeit ist die, zu der du anrufst.

Wen in einem SaaS-Kontext sollte ich anrufen? Den Geschäftsführer oder den Abteilungsleiter?

Beginne idealerweise bei der Person, die den Schmerz am stärksten spürt (der "Champion" oder "User" aus deinem ICP), also meist dem Abteilungsleiter (z.B. Head of Marketing, Head of Sales). Dieser kann dir wertvolle Informationen geben und dich intern an den Entscheider (Economic Buyer) weiterleiten.

Wie viele Anrufe muss ich im Schnitt machen, um eine Demo zu buchen?

Das ist stark branchenabhängig. Als grober Richtwert im B2B SaaS gilt: Du wirst vielleicht 10-20 gehaltvolle Gespräche führen müssen, um eine qualifizierte Demo zu vereinbaren. Das bedeutet, du musst möglicherweise 50-100 Anwählversuche unternehmen, um diese Gespräche zu erreichen.

Wie gehe ich mit "Gatekeepern" (z.B. der Assistenz) um?

Behandle die Assistenz mit dem gleichen Respekt wie den Entscheider. Sei freundlich, professionell und klar in deiner Absicht. Sage zum Beispiel: "Guten Tag, ich möchte mit Herrn Schmidt über das Thema Marketing-Automatisierung sprechen. Könnten Sie mich bitte durchstellen?". Vermeide Tricks.

Welche Tools helfen bei der SaaS-Telefonakquise am Anfang?

Du brauchst anfangs nur drei Dinge: Eine gute Lead-Liste (z.B. aus LinkedIn Sales Navigator), ein CRM-System (kann auch ein simples Spreadsheet sein), um deine Aktivitäten zu tracken, und ein gutes Headset. Später können spezialisierte "Sales Engagement Platforms" (z.B. Outreach, Salesloft) helfen, den Prozess zu skalieren.